Über die Unterstützung der CIA für die Diktatur unter Augusto Pinochet (1973-1990) in Chile sind durch veröffentlichte Archivdokumente jener Zeit neue Details ans Licht gekommen.
Von Robert Kohl Parra, amerika21
Am vergangenen Dienstag veröffentlichte das National Security Archive der George Washington University die Dokumente, aus denen die enge Kooperation zwischen dem US-Auslandsgeheimdienst CIA und der chilenischen Militärdiktatur hervorgeht.
Nach dem Staatsstreich der Militärs gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende am 11. September 1973, der darauffolgenden Etablierung der Diktatur und der systematischen Verfolgung, Folter und Ermordung Tausender Unterstützer der Linksregierung, besuchten Vertreter des CIA Mitte Februar 1974 Santiago de Chile.
Unter anderem reiste der damalige stellvertretende CIA-Direktor Vernon Walters unter Geheimhaltung nach Chile, um sich „von Angesicht zu Angesicht“ mit Pinochet zu treffen. In einem Telegramm an Aussenminister Henry Kissinger „persönlich“ schreibt Walters, er habe Pinochet die Grüsse von US-Präsident Richard Nixon und Kissinger „sowie unsere Freundschaft und Unterstützung“ übermittelt und „betont, wie wichtig es ist, dass seine Bemühungen um die Wiederherstellung Chiles erfolgreich sind. Ich habe unseren Wunsch geäussert, Unterstützung zu leisten“.
Pinochet nahm die Hilfe an und bat um Unterstützung für die „Aufbauphase“ des Nationalen Nachrichtendienstes (Dirección de Inteligencia Nacional, DINA), der politischen Geheimpolizei, insbesondere für seinen „Schlüsselmann“ und designierten Leiter der DINA, Manuel Contreras.
Drei Wochen später besuchte Contreras den Unterlagen zufolge das CIA-Hauptquartier in Langley, wo er Anweisungen zum organisatorischen Aufbau und der Leitung des Geheimdienstes bekam. Mitte 1975 nahm ihn die US-Behörde kurzzeitig als „bezahlten Mitarbeiter“ in ihre Gehaltsliste auf.
Die neuen Informationen belegten, dass die DINA kontinuierlich von der CIA organisatorisch unterstützt wurde und dass Contreras direkte Anweisungen von Pinochet erhielt, berichtet das chilenische Portal El Periodista.
Die freigegebenen Dokumente enthalten ausserdem detaillierte Informationen über einige der Operationen der DINA, einschliesslich geheimer Verhaftungen und Folter- und Verhörmethoden, die in den CIA-Berichten als „direkt aus der spanischen Inquisition stammend“ beschrieben werden. Sie bestätigen auch, dass viele der Gefangenen aus den geheimen Folterzentren hingerichtet wurden und ihre Leichen verschwanden. Die meisten von ihnen wurden aus Hubschraubern der DINA ins Meer geworfen.
Die Archivunterlagen dokumentieren auch einige der Spezialoperationen der DINA, darunter die Operation Colombo, die die Ermordung von 119 politischen Gegnern vertuschen und den Anschein erwecken sollte, sie seien bei Zusammenstössen in Nachbarländern oder bei internen Auseinandersetzungen linker Organisationen getötet worden.
Ebenfalls wurden neue Informationen über die Operation Condor öffentlich. Sie beinhaltete die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung der Diktaturen Südamerikas ab 1975 unter Anleitung und mit aktiver Beihilfe der USA. Wichtiger Bestandteil war eine enge Kooperation der Geheimdienste, erklärtes Ziel die gemeinsame Verfolgung und Ermordung von Diktaturgegnern und linksgerichteten Oppositionellen. In Folge wurden schätzungsweise 50.000 Menschen ermordet, 30.000 sind bis heute vermisst. 400.000 Menschen kamen in politische Haft. Nahezu alle südamerikanischen Länder waren zu unterschiedlichen Zeiten an der Operation Condor beteiligt.
DINA-Chef Manuel Contreras, einer der Initiatoren dieser Geheimdienstoperation, wurde in 59 Prozessen zu insgesamt 526 Jahren Haft verurteilt. Bis zu seinem Tod 2015 leugnete er jegliche Beteiligung an Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen während der Diktatur, vielmehr beteuerte er stets seine Unschuld.
Quelle: amerika21