Das Friedensforschungsinstitut SIPRI veröffentlichte neue Zahlen zu den globalen Militärausgaben: 2,44 Billionen Dollar werden für Waffen, Militär und Kriegsgerät ausgegeben. Massgebliche Treiber seien der Ukraine-Krieg und die gefährlich zunehmenden Spannungen in der Asien-Pazifik-Region.
Von Jörg Kronauer
Die globalen Militärausgaben haben im vergangenen Jahr Rekordhöhe erreicht und lagen bei einem Wert von 2,44 Billionen US-Dollar (etwa 2,28 Billionen Euro). Dies geht aus einer Analyse hervor, die das Stockholmer Institut für Internationale Friedensforschung (SIPRI) am Montag veröffentlichte. Demnach sind die Mittel, die in die Armeen der Welt investiert wurden, mit plus 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr so stark gestiegen wie seit 2009 nicht mehr. Ebenfalls erstmals seit 2009 stellte SIPRI einen Anstieg der Militärausgaben auf sämtlichen Kontinenten gleichzeitig fest. Massgebliche Treiber seien der Ukraine-Krieg, die Waffengänge in Nah- und Mittelost und die gefährlich zunehmenden Spannungen in der Asien-Pazifik-Region gewesen, schreibt das Institut. Die Staatenwelt gab rund 2,3 Prozent ihrer gesamten Wirtschaftsleistung für militärische Zwecke aus.
Spitzenreiter in Sachen Militarisierung waren laut den SIPRI-Angaben auch im Jahr 2023 die westlichen «Werte»-Staaten und insbesondere die USA. Letztere, traditionell unangefochtene Nummer eins, steckten mit 916 Milliarden US-Dollar – 37 Prozent aller Militärausgaben weltweit – mehr als dreimal so viele Mittel in ihre Streitkräfte wie die Nummer zwei, China. SIPRI weist darauf hin, dass die US-Aufwendungen für Militärforschung und -entwicklung besonders stark stiegen. Darin spiegele sich die gezielte Vorbereitung auf einen etwaigen Krieg gegen eine gleichfalls hochgerüstete Grossmacht wider. Die NATO-Mitglieder – knapp ein Sechstel aller UN-Mitgliedstaaten – standen mit 1,34 Billionen US-Dollar für 55 Prozent aller Militärausgaben weltweit. Deutschland schaffte es mit 66,8 Milliarden US-Dollar auf Rang sieben. Es war damit nach den USA und Großbritannien der Staat mit den drittgrössten Militärausgaben im Westen.
Die Militärdominanz des Westens zeigt sich auch darin, dass seine Staaten ihren Bürgern einen grösseren Anteil an der nationalen Wirtschaftsleistung für die Streitkräfte abverlangen als alle anderen Weltregionen – mit Ausnahme des Nahen und Mittleren Ostens. So fliessen 3,4 Prozent der US-Wirtschaftsleistung in das Militär; in Europa sind es 2,8 Prozent. China gibt seit Jahren rund 1,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für seine Streitkräfte aus. Dabei rechnet SIPRI sogar noch Ausgaben aus anderen Budgetposten ein, was es bei den westlichen Staaten in diesem Umfang nicht tut. Umgekehrt erhält China, weil ein Dollar dort eine grössere Kaufkraft hat als etwa in den USA, für seine Militärausgaben von – laut SIPRI – 296 Milliarden US-Dollar eine vergleichsweise grössere militärische Schlagkraft.
Besonders stark gestiegen sind – kriegsbedingt – die Militärausgaben Russlands (109 Milliarden US-Dollar) und der Ukraine, die inklusive der westlichen Unterstützung – die USA haben sie jetzt mit ihrem 61-Milliarden-Dollar-Paket verlängert – auf 91 Prozent der russischen Militärausgaben kam.
Scharfe Kritik an der Militarisierungswelle kam unter anderem von Greenpeace, dessen Abrüstungsexperte Alexander Lurz ein «verengtes Verständnis von Sicherheit» beklagte, und aus der Partei Die Linke. Ihre aussen- und friedenspolitische Sprecherin im EU-Parlament, Özlem Alev Demirel, wies darauf hin, dass Deutschland mit den für 2024 vorgesehenen Militärausgaben von 90 Milliarden US-Dollar sogar «auf Rang vier der SIPRI-Liste klettern» würde. Anstelle der Aufrüstungsspirale, die »niemanden sicherer« mache, seien «massive Investitionen in die soziale Infrastruktur» sowie «diplomatische Initiativen» nötig.
Quelle: junge Welt