Das Internationale Friedensforschungsinstitut in Genf (GIPRI) zeigt sich besorgt um die Annäherung der Schweiz an die NATO und kritisiert den sicherheitspolitischen Bericht von Bundesrätin Viola Amherd scharf. GIPRI unterstützt eine neutrale und friedliche Schweiz, die eine Vermittlerrolle in den laufenden Konflikten spielen sollte. Im Folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung von GIPRI.
Das Internationale Friedensforschungsinstitut in Genf (Geneva International Peace Research Institute – GIPRI) weist den am 29. August 2024 von Bundesrätin Viola Amherd vorgestellten «Bericht der Studienkommission Sicherheitspolitik» entschieden zurück.1
Dieser Bericht ist mit der Neutralität der Schweiz unvereinbar und muss zurückgewiesen werden, da er im Widerspruch zur Schweizer Verfassung und zu den Schweizer Traditionen der Neutralität und Mediation steht. Mehrere Organisationen haben sich bereits in diesem Sinne geäussert.
GIPRI unterstützt eine neutrale und friedliche Schweiz, eine Schweiz, die eine Vermittlerrolle zwischen Russland und der Ukraine, zwischen Israel und Palästina spielen könnte. GIPRI fordert die Werte des Friedens und der Vermittlung im Geiste des Nikolaus von Flüe.2
Die UNO-Charta verpflichtet alle Staaten, sich für den Frieden und die Versöhnung zwischen den Völkern einzusetzen.
Besonders besorgniserregend ist der Vorschlag einer «revidierten Neutralitätspolitik», ein Euphemismus für die schrittweise Aushöhlung der tatsächlichen Neutralität. Noch schändlicher ist die Idee einer Annäherung an die NATO – eine kriegstreiberische Organisation, die den Grundsätzen und Zielen der Vereinten Nationen zuwiderläuft.
Zahlreiche Wissenschaftler und Rechtsprofessoren sind der Ansicht, dass die NATO seit dem Ende des Kalten Krieges eine verhängnisvolle Entwicklung durchlaufen hat, eine Metamorphose von einem Verteidigungsbündnis zu einem aggressiven und provokativen Bündnis. Sie sind sogar der Ansicht, dass die NATO durch ihre Handlungen seit 1997 – die gegen die Grundprinzipien der UN-Charta und der Genfer Konventionen verstossen – als «verbrecherische Organisation» im Sinne der Artikel 9 und 10 des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof von Nürnberg (Londoner Abkommen vom 8. August 1945) und gemäss dem Nürnberger Urteil von 1946 ansehen werden kann.
Seit dem Ende des Kalten Krieges und der Auflösung des Warschauer Pakts im Jahr 1991 hat die NATO keine Existenzberechtigung mehr. Sie versucht, die Funktionen der Vereinten Nationen an sich zu reissen, doch Artikel 103 der UN-Charta (die Suprematsklausel) verbietet dies. Die Nato ist nach Artikel 52 der Charta keine legitime Organisation mehr und muss eher heute als morgen aufgelöst werden.
Tatsache ist, dass die NATO-Mitgliedstaaten in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien entsetzliche Verbrechen begangen haben – und zwar völlig ungestraft. Die NATO-Mitgliedstaaten haben insbesondere verbotene Waffen eingesetzt, die gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts und der Genfer Konventionen verstossen, wie zum Beispiel Streubomben oder Clusterbomben, sowie chemische und radioaktive Waffen mit abgereichertem Uran. Man kann sich nicht mit der Nato verbünden, ohne Mittäter zu werden.
Nach 1991 hatte die NATO keine Feinde mehr, aber sie schuf Feinde, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Sie provozierte Russland und Weissrussland. Heute provoziert sie China. Diese Provokationen verstossen gegen Artikel 2(4) der Charta der Vereinten Nationen und stellen eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Sinne von Artikel 39 der Charta dar.
Die Schweiz muss sich zwischen UNO-Charta und NATO entscheiden.
Aus diesem Grund unterstützt GIPRI die eidgenössische Volksinitiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität», die dem Schweizer Volk unterbreitet werden wird. Dies ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, um den Bundesrat davon abzuhalten, seine unverantwortliche Annäherung an die NATO fortzusetzen.
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2 Niklaus von Flüe oder Bruder Klaus (* 1417 im Flüeli, Obwalden; † 21. März 1487 im Ranft ebenda) war ein einflussreicher Schweizer Einsiedler, Ehemann und Vater von 10 Kindern, Bergbauer, Politiker, Richter und Soldat sowie Asket, Mystiker und Friedensstifter. Er gilt als Schutzpatron der Schweiz und wurde 1947 heiliggesprochen.